Die Frühjahrskur
Entschlackung

Wenn unser Körper gesund ist, verfügt er über ein ausgezeichnetes Selbstreinigungssystem. Über LeberDarm und Nieren werden Abbauprodukte und Schadstoffe hocheffizient ausgeschieden, ebenso wie über unser größtes Organ: die Haut. Dabei können wir zwischen körpereigenen und körperfremden Abbauprodukten unterscheiden. Zu ersteren gehören Säuren, Ammoniak oder Harnstoff. Zusätzlich wird unser Organismus aber von Substanzen wie Schwermetallen, Pestiziden oder Medikamentenrückständen belastet, die auch bei einer gesunden Person zu Beschwerden führen können. Auch Umweltgifte, Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoffe und unser moderner Lebensstil hinterlassen Spuren. Verdauungsstörungen, Konzentrationsschwäche oder aber auch schlechte Haut sind die Folgen einer Stoffwechselaktivität, die nicht mehr ausreichend ist um mit all diesen „Müll“ abzutransportieren. Gerade jetzt zu Frühlingsbeginn wird das deutlich, denn der Metabolismus stellt sich vom Winter auf den Sommermodus um, das Melantonin sinkt, das Kortisol steigt und wir fühlen uns in dieser Zeit oft müde, abgeschlagen und antriebslos. Das wir einiges tun können, um unseren Körper in diesem transformativen Prozess zu unterstützen hat auch die Industrie schon lange kapiert und so sind die Apotheken- und Reformhausschaufenster gerade im Frühjahr voll von sogenannten Detox-Mitteln.

Aber was ist Detoxen?

Oft wird im Kontext der Frühjahrs- oder Detoxkur von „Blutreinigung“ gesprochen. Dieser Begriff wird oft missverstanden. Er entspringt dem traditionellen Krankheitsmodell der Humoralpathologie, die von einem Verhältnis von schädlichen und förderlichen Säften im Körper ausgeht. Volksmedizinisch werden zur Blutreinigung sogenannte Antidyskratika eingesetzt um das Blut von schlechten Säften zu reinigen. Kritisiert werden kann hier, dass bei moderner Analyse im Labor keine vermehrte Ausscheidung von schädlichen Substanzen gemessen werden kann. Ist das ganze also Humbug? Warum sollten wir dann überhaupt ausleiten? Nun, wie gesagt, theoretisch befreit sich der Körper selbst von allen unerwünschten Stoffwechselrückständen. Das funktioniert allerdings nur, wenn der Organismus mit all seinen fantastischen Regulationsprozessen einwandfrei funktioniert und nicht besonders belastet wird, was bei unserem modernen Lebensstil höchst selten der Fall ist. Ebenso wie wir in unsrem Haushalt regelmäßig aufräumen und entrümpeln sollten, sollten wir das in unserem Körper tun, schließlich arbeitet er 24/7 für uns auf Hochtouren.  Wir können durch eine Kur unsere Stoffwechselaktivität steigern um Leber, Darm, Herz, Bauchspeicheldrüse und den Kreislauf zu entlasten, was neben dem gesteigerten Wohlbefinden auch Krankheiten vorbeugen kann. Der Geist wird wacher und klarer weil alle Zellen besser mit Sauerstoff versorgt werden können. Der Darm wird gereinigt und die Verdauung kommt wieder in Schwung. Wir werden beweglicher weil die Muskulatur von Stoffwechselrückständen befreit wird. Rücken- und Gelenkschmerzen als Folge des übersäuerten Organismus können durch eine Kur gemildert oder oft ganz eliminiert werden. Die Haut scheidet Giftstoffe aus und wird reiner und strahlender. Die Liste der positiven Effekte ist lang.

Um diese Prozesse anzukurbeln gibt es verschiedene Möglichkeiten und unter anderem bieten sich eine Vielzahl an Phytopharmaka unterstützend an. Neben den erwähnten Antidyskratika, die besonders den Abbau von Schlacken erleichtern, möchte ich euch in weiteren Blogeinträgen mit Heilpflanzen vertraut machen, welche die Ausleitung über die Nieren fördern oder die Darmtätigkeit anregen. Unser größtes Entgiftungsorgan und das größte Chemielabor des Körpers ist allerdings die Leber, sie muss bei einer Kur besonders unterstützt werden. Auch tonisierende Bittermittel sind von Interesse, da sie ebenfalls entgiftend und ausleitend wirken. Wenn zusätzlich die Gallensaftproduktion angeregt wird, ermöglichen wir dem Organ sich selbst zu reinigen und sich selbstständig zu entgiften. Neben den Phytotherapeutika, die unsere inneren Organe unterstützen, sind alle schweißtreibenden Tätigkeiten wie Sport, körperliche Arbeit oder Saunagänge zu erwähnen, damit die Ausscheidung über die Haut gesteigert wird. Zusätzlich gibt es auch hier Heilpflanzen, welche die Schweißproduktion ankurbeln. Auch Massagen und energetisierendes Bürsten helfen den Selbstreinigungsprozess zu unterstützen.

Ich versuche in den folgenden Artikeln auf diese Themen einzugehen, wobei mein Fokus auf den Heilpflanzen liegen wird. Ehrlich gesagt ist es hierbei ziemlich schwierig, die phytotherapeutischen Mittel in Kategorien aufzuteilen, da die meisten von ihnen mehrere reinigende und kräftigende Eigenschaften besitzen. Aber ich will einmal den Versuch machen, einen möglichst guten Überblick über die Heilpflanzen zu liefern, bevor ich auf die Themen Fasten, Loslassen und spirituelle Reinigung eingehe. Dabei sind die Themen nicht getrennt voneinander zu betrachten sondern stark verwoben und entfalten ihre positive Wirkung vor allem bei einer synergistischen Anwendung.
Ok, lets get started…

Schlacken

Was sind eigentlich diese Schlacken? Damit sind die Stoffe gemeint, die im Körper abgelagert werden und sowohl bei normaler Arbeit des Organismus anfallen als auch vermehrt bei dessen Überlastung. Sie sind nicht lebendig und also auch kein funktionaler Bestandteil lebendiger Zellen. In geringer Menge können sie vom Körper selbst abgebaut und abtransportiert werden. Problematisch wird es erst, wenn diese nicht ausgeschieden werden können. Dann lagern sie sich im Gewebe, in den Organen oder in den Blutgefäßen ab oder aber stören unsere gesunden Funktionsabläufe zum Beispiel in Form von schmerzenden Rheumaknoten als Gelenksablagerungen. Wie oben schon beschrieben ist unser gesunder Körper sehr gut darin, Stoffwechselschlacken zu entsorgen, kann aber darin unterstützt werden. Gerade wenn wir uns einseitig oder übermäßig ernähren, viel Stress haben oder aber zu viele „Genussmittel“ wie Alkohol oder Industriezucker konsumieren, ist eine regelmäßige Reinigungskur sinnvoll. Doch auch bei gesunder Ernährung werden heutzutage Gifte durch konventionell angebaute und verarbeitete Nahrungsmittel in unseren Körper aufgenommen und belasten diesen massiv. Das verschlackte Gewebe kann dann seiner Aufgabe nicht mehr nachkommen, die Zellen zu ver- und entsorgen. Sauerstoff und Nährstoffe können nicht mehr zu den Zellen transportiert werden, da die Transportwege durch das verschlackte Bindegewebe führen.
Der Vollständigkeit halber muss ich hier erwähnen, dass es laut der Schulmedizin keine Schlacken gibt. In ihrem (vielleicht manchmal zu) mechanischen Verständnis des Körpers baut dieser alles ab, was er nicht verwerten kann und scheidet es wieder aus. Ich möchte mich hier lieber nicht an der evidenzbasierten Medizin orientieren sondern an überzeugenden zeitlosen Therapieerfolgen. Und ich bin ja keine Schulmedizinerin, also kann ich euch auch auflisten, was alles zu den Schlacken gezählt wird:

Neben auskristallisierten Mineralien wie Cholesterin und anderen organischen Verbindungen zählen auch unvollständige Abbauprodukte des Eiweißstoffwechsels zu den Schlacken, wobei sich diese in Form von Aminosäuren auf den Zellwänden im Zwischenzellgewebe ablagern. (Durch einen reduzierten Konsum von Tiereiweiß lassen sie sich recht einfach eindämmen.) Verschleimungen zählen auch zu den Schlacken, sind aber differenzierter zu betrachten. Natürlich sind von den Schleimhäuten produzierte Muzine in unserem Körper wichtig, da sie vor chemischen und mechanischen Einwirkungen schützen. Der „normale“ Schleim sorgt dafür, dass unsere Schleimhäute ordnungsgemäß funktionieren und ist damit von essentieller Bedeutung für unser Immunsystem. Bei einer sogenannten Erkältung befördert der Schleim mit Hilfe der Bakterien Ausscheidungen aus dem Körper, die er nicht anderweitig loswird. Aber es gibt noch den anderen Schleim, der als „Rettungs-Schleim“ auftritt, um die Abbauprodukte von tierischen und Getreideprodukten abzutransportieren, die er sonst nicht los wird. Ihr habt vielleicht schon einmal gehört, dass diese Lebensmittel „verschleimen“. Das tun sie allerdings indirekt, denn der Körper muss den Schleim produzieren um die Abbauprodukte loszuwerden. Wie krass Getreide uns aber eigenständig bereits „verklebt“, lässt sich daran veranschaulichen, dass Getreideschleim in Kriegszeiten als Tütenkleber hergenommen wurde. Unter den Getreiden ist das fieseste natürlich der moderne Industrie-Weizen weil er mit so viel unverdaulichem Gepäck daher kommt. Allerdings verschleimen alle schwerverdaulichen Speisen in unterschiedlicher Intensität. Wenn das Weißbrot mit Butter und Käse die Skala anführt, stehen am anderen Ende – Überraschung –  unbehandeltes Obst und Gemüse sowie Sprossen. Schlechte Nachrichten für uns Pflanzenköstler: Nach Tierprodukten, angeführt von Kuhmilch, kommen leider gleich alle Sojaerzeugnisse und damit auch Tofu. Wie werden wir den Schleim nun los? Wir können unseren Körper beim Abtransport des Mucus unterstützen, indem wir wärmende scharfen Gewürze konsumieren sowie viele bittere und scharfe Kräuter in unseren Speiseplan aufnehmen. Auch äußerliche Wärme durch Saunagänge oder das Einreiben mit ätherischen Ölen wie Ingwer kann die Entschleimung erleichtern. So nimmt die Widerstandskraft gegen Krankheitserreger zu, da es nicht mehr nötig ist, Bakterien einzuladen um den Körper bei Reinigungsprozessen zu unterstützen. Wie verschleimt du bist kannst du gut anhand des Belages auf deiner Zunge überprüfen, mehr dazu hier.
Neben Säuren als Abbauprodukt unseres Stoffwechsels, auf die ich noch gesondert eingehen möchte weil das sonst hier den Rahmen sprengt, gehören auch alle Gifte zu den Schlacken. Als anorganische und organische Umweltgifte ebenso wie Medikamentenrückstände, welche heutzutage auch sekundär über den Konsum von Tierprodukten und Fleisch aufgenommen werden. Auch Gifte aus unsachgemäßer Zubereitung wie dem Frittieren oder Erwärmen in Mikrowellen gehören dazu. Und natürlich die „hausgemachten“ Vergiftungen durch Stress, Ärger, Angst und andere negative Emotionen und Lebensumstände. Gifte sind lipophil, also fettlöslich und werden daher gerne in unseren körpereigenen Fettdepots verstaut. Wenn wir nun Sport treiben oder fasten und Fett verbrennen, entleeren sich diese Depots und es passiert etwas spannendes. Wenn wir jetzt unseren Körper nicht beim Abtransport der Gifte unterstützen, vergiften wir uns mit den durch Fettabbau im Körper freiwerdenden Gifte selbst. Ein anschauliches Beispiel liefern die Zugvögel, die jährlich ihre Reise nach Nordafrika antreten. In den letzten Jahren kommt es immer wieder vor, dass die Wildvögel auf halber Strecke abstürzen und sterben. Untersuchungen haben ergeben, dass ihr Nervenzentrum durch freiwerdende Rückstände aus Fungiziden und Herbiziden vollkommen vergiftet wurde, als sich auf der beschwerlichen Reise die prallen Fettzellen allmählich auflösten. Viele Fastende kennen diesen Effekt der Erstverschlimmerung wenn die Haut in den ersten drei Tagen des Entgiftens grauer und unreiner wird, Kopfschmerzen eintreten und eventuell Durchfall hinzu kommt. Um diese Effekte abzumildern oder auch ausbleiben zu lassen ist es, egal bei welcher Form der Reinigungskur, wichtig viel zu trinken. Mindestens zwei Liter hochwertiges Mineralwasser und ungesüßte Kräutertees sind Pflicht. Weiter gibt es Hilfe von Mutter Natur und wie so oft wächst diese nur wenige Schritte von unserer Haustür entfernt…

Antidyskratika – entschlackende Heilpflanzen

Birke (Betula pendula)

Unser Frühlingsbaum die Birke ist Symbol für die wiederkehrende Lebenskraft. Sie ist der Baum der jungfräulichen Göttin Saraswati im Hinduismus und der keltischen Frühlingsgöttin Brigid. Damit markiert sie den Beginn des keltischen Jahreskreises. Wenn du Birkenblätter sammeln möchtest ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, die Saison geht gerade los. Bei Raumtemperatur ohne direkte Sonneneinstrahlung kannst du die Blätter zuhause trocknen. Daraus kann dann ein Tee gekocht werden, der harntreibend und mild entwässernd wirkt. Aus den frischen Blättern kann eine Tinktur oder ein Frischpflanzensaft hergestellt werden. Den Saft gibt es auch in Bioqualität fertig im Handel. In Finnland wird Birkenreisig traditionell mit in die Sauna genommen um damit den Rücken „auszupeitschen“ und die Zirkulation anzuregen. Ob ihrer (blut-)reinigenden und entwässernden Eigenschaften wird die Birke auch bei Krankheiten des rheumatischen Formenkreises eingesetzt, genauso wie die nächste Heilpflanze.

Brennnessel (Urtica dioica/urens)

Ebenso wie die Birke wird uns auch die Brennnessel beim Thema Frühjahrskur noch öfter begegnen, ist sie doch der Top-Player wenn es um Reinigung geht. In der Volksmedizin ist sie aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften seit jeher das beliebteste Phytotherapeutikum, man kann sie als die Königin der Heilpflanzen bezeichnen. Die Brennnessel liebt uns und unsere stickstoffhaltigen Böden, weshalb sie heute überall zu finden ist. Wenn du Brennnesseln selbst sammeln möchtest, solltest du darauf achten, dass der Stängel nicht dicker als 3mm ist, da sonst zu wenig Inhaltsstoffe vorhanden sind. Das ganze Kraut samt Blättern wird zur Entschlackung angewandt, in Form von Tees, Tinkturen oder Säften.
Mit ihren vielen wie ungesättigten Fettsäuren, Mineralstoffen, Kieselsäure und Vitamin C ist sie ein ungemein wertvolles Wildkraut und sollte dringend Einzug in unsere Ernährung finden – gerade im Frühjahr. 25 Prozent unsers täglichen Bedarfs an Eisen und Magnesium können durch 100g Brennnesseln gedeckt werden. Brennnesselblätter können übrigens wie Spinat verwendet werden, wenn du sie kurz mit kochendem Wasser überbrüht hast. Und nachdem die Brennhaare hauptsächlich dem Fraßschutz dienen, kann man die Brennnessel „austricksen“ indem man sie von unten pflückt. Damit läuft die Ernte auch ohne Handschuhe relativ entspannt. Doch auch die Brennhaare und das darin enthaltende Histamin und Serotonin sind medizinisch einsetzbar und dienen unserer Gesundheit. Früher wurden Erektionsstörungen übrigens durch Abschlagen des Glieds mit Brennnesseln behandelt, aber das nur mal so am Rande…

Löwenzahn (Taraxacum officinalis)

Auch der Löwenzahn ist ein ziemlicher Allrounder. Die Volksmedizin nennt ihn Lebenselixier, da er Leber, Galle, Niere und Blase anregt sowie den Stoffwechsel richtig in Schwung bringt. Eine Frühjahrskur ohne Löwenzahn ist undenkbar und geschwächte oder leicht erregbare Menschen profitieren von jeder Jahreszeit von einer kurmäßigen Einnahme über vier bis sechs Wochen. Ist es nicht fantastisch, dass sowohl die Brennnessel als auch der Löwenzahn überall verfügbar sind? Denn auch die „Butterblume“ stellt sehr geringe Ansprüche an den Boden. Hier wird neben dem Kraut auch die Wurzel verwendet – in meinem Fall am liebsten geröstet als Kaffeeersatz. Aber auch die schönen gelben Blüten können aufgeschichtet mit Zucker zu einem Sirup verarbeitet werden, der einen spitzenmäßigen veganen Ersatz für Honig darstellt. Aber zurück zur Entschlackung: Neben Saft, Tee und Tinktur, kann der Löwenzahn auch einfach als Wildgemüse konsumiert werden. Ein paar junge Löwenzahnblätter pimpen deinen Salat geschmacklich und sorgen für eine Extraportion Vitamin C in extrem hoher Bioverfügbarkeit. Auch er wird aufgrund seiner durchspülenden und entschlackenden Wirkung bei Gicht und Rheuma eingesetzt.

Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara)

Weil die Beeren erst bitter und dann süß schmecken, hat diese Giftpflanze einen so wohlklingenden Namen. Während die reifen Beeren des Nachtschattens ungiftig sind, enthalten die unreifen grünen Beeren das hochtoxische Salonin.  In der Phytotherapie wird der getrocknete Blattstängel verwendet, welcher im Frühling und Herbst geerntet werden kann. Die darin enthaltenen Steroidalkaloide haben neben der abführenden, harn- und schweißtreibenden auch eine kortisonartige Wirkung, weshalb  Bittersüßstängel oberflächlich bei chronischen Ekzemen angewandt wird.

Fast alle der hier genannten Pflanzen sind gleichzeitig aufgrund ihrer stark harntreibenden Wirkung für Durchspülkuren geeignet, aber dazu im nächsten Blog mehr…
Ich mach hier erstmal einen Punkt und gehe die ersten Wildkräuter sammeln.

Alles Liebe,

Janna Raphaela