Die Frühjahrskur

Leberentgiftung

Hier erstmal ein paar Fakten: Die Leber ist die größte Drüse im Körper. Ein Großteil der Stoffwechselarbeit läuft über dieses Organ. Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette werden hier ab- und umgebaut. Die Leber ist ein wahres kleines Chemielabor und produziert jeden Tag bis zu einem Liter Gallenflüssigkeit, ohne welche die Fettverdauung nicht möglich wäre. Diese wird auf der Leberrückseite in der Gallenblase gespeichert und eingedickt. Sobald es im Dünndarm an die Fettverdauung geht, gibt die Gallenblase die Gallenflüssigkeit frei, mittels derer Fett in feinste Tröpfchen umgewandelt wird. Erst in dieser sogenannten Mizellen-Form kann Fett verstoffwechselt und resorbiert werden.

Doch die Leber ist auch unser wichtigstes Entgiftungsorgan, denn sie hat die Aufgabe, den Körper von körperfremden und körpereigenen Giftstoffen zu befreien. Sie neutralisiert Schadstoffe wie Ammoniak durch Enzyme und bindet diese an Transportstoffe, damit sie ausgeschieden werden können. Bei diesem Entgiftungsvorgang entstehen freie Radikale, deren Schädigung mit Antioxidantien entgegengewirkt werden kann. Die meisten hier aufgeführten Heilkräuter wirken nicht nur stark antioxidativ, sondern unterstützen unsere Leber auch auf vielfältige Art und Weise gezielt in ihrer Tätigkeit.

Hepatoprotektiva

Als Hepatoprotektiva werden alle pflanzlichen Mittel bezeichnet, die schützend auf die Leber wirken. Dazu gehören grundsätzlich alle Pflanzen die Bitterstoffe (Amaras) enthalten. Sie kurbeln die Lebertätigkeit, die Gallensaftproduktion und die Sekretion der Bauchspeicheldrüsenenzyme an. Neben den einzelnen Heilpflanzen, auf die ich im Folgenden eingehe, kann auch auf Fertigpräparate zurückgegriffen werden, bei denen die Heilkraft von mehreren Pflanzen kombiniert wird, die Bitterstoffe enthalten. Zwei bekannte Produkte sind Bitterstern nach einem Klosterrezept aus Hildegards Zeiten mit 18 Heilkräutern oder auch das 7-Kräuter Pulver nach Bertrand Heidelberger. Auch der Löwenzahn, der uns ja bereits als Antidyskratika und Aquaretika bekannt ist, kann in Form einer Wurzeltinktur eingesetzt werden. Neben ihm gibt es noch weiter phytotherapeutische Mittel, die sich stärkend auf die Leber auswirken:

Artischocke (Cynara cardunculus)

Die distelähnliche Pflanze kommt in letzter Zeit wieder zu medizinischen Ehren, die sie seit dem Mittelalter verloren hatte. Die enthaltenen Wirkstoffe wie Caffeoylchinasäurederivate, Bitterstoffe (v.a. Cynarin) und Flavonoide wirken leberregenerierend, -schützend und antioxidativ. Dargereicht wird sie als Tee, Frischpflanzensaft und Fertigpräparat. Leider besitzen die als Gemüse verwendeten jungen Blätter nicht die gleiche Wirksamkeit. Die verdauungsfördernden Eigenschaften der Artischocke werden sich in Italien und Frankreich gern in Form des Magenbitters Cynar zu nutze gemacht. Und wenn wir schon beim Alkohol sind, etwas Artischocken-Frischpflanzensaft mit Orangensaft verdünnt hilft sehr gut gegen Kater, da der Saft eine starke giftbindende Wirkung hat.

Mariendistel (Silybum marianum)

Die Verwandschaft ist unübersehbar! Die Mariendistel hat allerdings eine noch stärkere leberschützende Wirkung und wird deswegen gern zur phytotherapeutischen Behandlung von Lebererkrankungen wie Hepatitis oder Leberzirrhose  eingesetzt. Ihr Inhaltsstoff Silymarin wirkt so stark antihepatotoxisch (bietet also Schutz vor toxischen Leberschäden), dass er intravenös bei einer Vergiftung mit Knollenblätterpilz, Alkohol oder Medikamenten eingesetzt wird. Außerdem enthalten die Samen 26% Öl mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Eiweiße und Schleimstoffe, die leberregenerierend wirken indem sie die Bildung neuer Leberzellen anregen. Mariendistel-Samen-Tee schmeckt leider fade und fettig (kann mit ein paar Fenchelsamen gemildert werden) weshalb ich auf Fertigpräparate zurückgreifen würde. Oder du erstellst dir eine Tinktur aus zerkleinerten Früchten und hochprozentigem Alkohol, von der dann täglich fünf Tropfen eingenommen werden. Die Tinktur hilft übrigens auch bei Warzen.

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Der lateinische Name dieser häufig vorkommenden Wiesenpflanze nimmt Bezug auf ihre vielen kleinen Blätter, „millefolium“, und den griechischen Helden Achilles, der bei dem Zentauren Cheiron Heilkunde studierte und dabei die Schafgarbe als Wundheilmittel kennenlernte. Ihre wundheilenden Eigenschaften sollen nach der Schlacht von Troja zum Einsatz gekommen sein und brachten ihr auch den Beinamen „Soldatenkraut“ ein. Der deutsche Name leitet sich davon ab, dass beobachtet werden konnte, wie Schafe vermehrt von der Pflanze fressen wenn sie krank sind, „garwe“ bedeutet auf althochdeutsch Gesundmacher. Gesund machen kann sie auch unsere Leber, denn die Schafgarbe schützt das Parenchym (leberspezifisches Gewebe) und reguliert die Leberfunktion. Ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe und Flavonoide fördern den Gallenfluss. Sie kann als Tee, Tinktur und Frischpflanzensaft verabreicht werden oder auch als Leberwickel um die Durchblutung des Organs anzuregen. Wenn es während Fastenkuren zu Kopfschmerzen durch die freigesetzten Giftstoffe kommt, ist der Leberwickel eine große Hilfe: Dafür tränkt man ein Frotteehandtuch in Schafgarbensud, legt es auf den Oberbauch und umwickelt die Körperregion mit einer Wolldecke. Nach mindestens einer halben Stunde im Bett regt die warm-feuchte Auflage den Leberstoffwechsel und die Gallensekretion stark an und zieht Gift effektiv aus der Leber. Dabei können auch viele „unverdaute“ Emotionen hochkommen, wie etwa ungelebte Traurigkeit. Aber warum ist das so?

Cholagoga

Die alte Medizin der Humoralpathologie kannte den Zusammenhang zwischen Leber und Lebensstimmung noch und im Volksmund ist uns dieses Wissen erhalten geblieben: Man spricht von einem Choleriker, bei einem jähzornigen Menschen oder einem Melancholiker, wenn jemand schwermütig ist. Hier bezieht sich die Säftelehre auf die gelbe beziehungsweise schwarze Galle (lat. „chole“), die von der Leber produzierte Flüssigkeit. Auch die Aussage, jemandem sei eine Laus über die Leber gelaufen, erläutert uns die Wechselwirkung von Gemüt und Lebergesundheit.
Alle obengenannten Heilpflanzen sind ebenfalls Cholagoga, also gallentreibende Arzneimittel. Aber es gibt noch ein paar weitere Phytotherapeutika, die zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden können, um den Gallenfluss anzuregen.

Beifuß (Artemisia vulgaris)

In der Antike kam der Beifuß vor allem zur Geburtseinleitung oder Abtreibung zum Einsatz. Heute wird er hauptsächlich zum Räuchern verwendet der als Gewürz bei fetten Speisen, um die Verdauung anzuregen. Es sind hauptsächlich die Bitterstoffe, die den Beifuß verdauungsfördernd agieren lassen. Aufgrund seiner abortiven Wirkung sollten Schwangere auf Beißuß besser verzichten, außer um bei der Geburt damit den Raum zu räuchern.

Galgant (Alpinia officinarum)

Schon Hildegard von Bingen war großer Fan des Wurzelstocks und hat ihn gegen „üble Säfte“ verschrieben. Das bedeutet, dass bereits vor 900 Jahren Handel und medizinischer Wissensaustausch mit Südostasien stattgefunden hat. Heute kennen wir das Rhizom hauptsächlich als typischen Geschmacksgeber der thailändischen Tom Kha Suppe. Die ätherischen Öle, Scharfstoffe und Flavonoide lassen ihn in Form von Tee, Tinktur oder Pulver aber auch positiven Einfluss auf den Gallenfluss nehmen. Außerdem wirkt die Galgantwurzel antibakteriell, schmerzlindernd, entzündungshemmend und krampflösend. Es ist unschwer zu erkennen, dass der Galant mit dem Ingwer verwandt ist. Allerdings schmeckt er nicht so scharf und wird deswegen in Indochina auch als „guter Ingwer“ bezeichnet. Sein lateinischer Gattungsname hat übrigens nicht mit einer alpinen Lage zu tun, sondern mit der Beschreibung durch den italienischen Botaniker Prospero Alpina.

Benediktenkraut (Cnicus benedictus)

Diese hübsche Pflanze ist wild selten bei uns zu finden, in den östlichen Mittelmeerländern hingegen überall. Die Bitterstoffe und ätherischen Öle regen den Gallenfluss stark an, weshalb sie in der Volksmedizin bei Fettstoffwechselstörungen Verwendung findet. Neben Tee, Tinktur und Präparat wird das Benediktenkraut auch gerne als Kräuterlikör eingenommen.

Kurkuma (Curcuma xantorrhiza)

Der javanische Gelbwurz ist mit seinen ätherischen Ölen, dem Curcumin, der Ferulasäure und den Kaffeesäurederivaten ein wahres Wundermittel, das nicht umsonst in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit in der Alternativemedizin bekommt. Das Ingwergewächs ist gallen- und gallenflussfördernd, verdauungsfördernd, entzündungshemmend, antibakteriell, brechreizlindernd, hepatoprotektiv, antioxidativ, antiviral und tumorhemmend. In Indonesien viel verwendet, könnte der Gelbwurz dafür verantwortlich sein, dass es dort wesentlich weniger Leber- und Gallenerkrankungen gibt als hierzulande. Kurkuma kann in allen möglichen Varianten eingenommen werden, als Tee, Kapseln, Saft, Pulver bzw. Gewürz oder einfach roh in Smoothie oder Salat. Das einzige auf was du achten musst ist der stark gelbfärbende Effekt, der auch dem Curry seine charakteristische Farbe verleiht. Wenn ich Kurkuma-Kraut gemacht habe sind meine Hände tagelang gelb. Übrigens vervielfacht Curcumin seine Wirkung in Kombination mit dem in Pfeffer enthaltenem Piperin laut verschiedener Studien um das 20-fache.

Zusätzlich gibt es verschiedene Lebensmittel, die du bei einer Leberentgiftung einbauen solltest. Mit ihnen kannst du deiner Leber auch außerhalb einer Reinigungskur etwas Gutes tun. Dazu gehören alle grünen Blattgemüse wie Rucola, Spinat, Mangold etc., Walnüsse, Avocados, Knoblauch und Sprossen von Radieschen, Brokkoli oder Rettich. Vieles davon kann zu leckeren Smoothies oder Säften verarbeitet werden, die während einer Saftfastenkur getrunken werden können. Außerdem ist grüner Tee sehr zu empfehlen, da die enthaltenen Catechine eine stark antioxidative Wirkung haben. Letztlich hilft auch eine Darmreinigung die Leber zu entgiften, aber dazu im nächsten Blogeintrag mehr…

Happy Cleansing & alles Liebe,
Janna Raphaela